Steirisches Vulkanland - Archäologie

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der SO-Steiermark

  Von der Jungsteinzeit zu den Kelten und Römern – Kurzer Überblick zur frühen Geschichte der Südoststeiermark
     

 

Rundnackenaxt aus dunklem Serpentinit, Spätneolithikum
(ca. 4.300 – 2.500 v.Chr.);
Fundort: Ratschendorf.



 

Von überregionaler Bedeutung ist die Gesichtsmaske aus Bronze, die in einem der „Fürstengräber“ der Sulmtalnekropole in Kleinklein gefunden wurde.
Bronzemaske, um 575 v. Chr., das Original befindet sich im Universalmuseum Joanneum, Graz.


Einer der nach den Fundumständen benannten „Negauer Helme“ im Museum im Alten Zeughaus in Bad Radkersburg. Der aus 26 Bronzehelmen bestehende Depotfund wurde 1911 in Ženjak, im heutigen Slowenien, ca. 15 Kilometer südwestlich von Bad Radkersburg entdeckt.
Die meisten aus diesem Depotfund noch erhaltenen Helme, die ins 5.- 1. Jh. v. Chr. datieren, sind heute im Kunsthistorischen Museum in Wien und im Universalmuseum Joanneum in Graz ausgestellt.


 

Rettungsgrabung, 1992.
Die nur etwa 25 cm unter dem Bodenniveau liegende kreisförmige Steinsetzung mit zwei Brandbestattungen war beim Pflügen angerissen worden. Ratschendorf, Hügelgräberfeld „Hügelstaudach“.



Zumindest seit dem Spätneolithikum (späte Jungsteinzeit oder auch ‚Kupferzeit’ genannt, ca. 4.300 – 2.500 v.Chr.) ist die Südoststeiermark ein dauerhaft besiedeltes Land. Vor allem zahlreiche Einzelfunde, wie Steinbeile und Steinäxte, lassen auf eine relativ dichte Besiedlung der Südoststeiermark bereits in dieser frühen Zeit schließen. Auch wenn schon im 5. Jahrtausend v. Chr. Kupfer zu einfachen Geräten und Schmuck verarbeitet wurde, so sollten die vielen Jahrtausende der Steinzeit in Mitteleuropa erst um die Mitte des 3. vorchristlichen Jahrtausends enden. Damals begann – benannt nach dem neu aufkommenden Werkstoff – die Bronzezeit (ca. 2.500 – 1.200 v. Chr.).
Am Ende der Bronzezeit kam es in weiten Teilen Europas nicht nur zu einer besonders günstigen wirtschaftlichen Entwicklung und damit verbunden zu einer beträchtlichen Zunahme der Bevölkerung, sondern auch zu einem plötzlichen Wandel in den Bestattungssitten, weg von der bislang üblichen Körperbestattung, hin zur Brandbestattung. Dieser wahrscheinlich mit einem Wandel religiöser Vorstellungen zusammenhängenden Entwicklung verdankt die Spätbronzezeit auch ihren Namen Urnenfelderzeit (ca. 1.200 – 800 v.Chr.).
 
Eine Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs war ein Ausbau der Handelsbeziehungen, die von Italien im Süden bis Skandinavien im Norden und von der Ukraine im Osten bis nach Frankreich im Westen reichten. Größere Siedlungen wurden nun vermehrt auf Höhenrücken errichtet (in der Südoststeiermark vor allem auf dem Königsberg bei Tieschen, dem Steinberg bei Feldbach, dem Stradener Kirchhügel, den Burgfelsen von Riegersburg und Kapfenstein oder auch auf dem Fötzberg bei St. Margarethen im Raabtal). Das lässt auf unruhigere politische Verhältnisse schließen, die die Menschen dazu zwangen, auf leichter zu verteidigende Anhöhen auszuweichen. Die bislang geltende Annahme, dass es damals auch bereits zur Errichtung starker Befestigungsanlagen kam, wird in der wissenschaftlichen Forschung mittlerweile allerdings bezweifelt.
Das Ende der Urnenfelderzeit wird von einer Reihe technischer Innovationen geprägt, von denen der nun immer allgemeinere Gebrauch des Metalls Eisen wohl am bedeutendsten war. Es sollte dem neuen Zeitalter auch seinen Namen ‚Eisenzeit’ geben, wobei der ältere Abschnitt der Eisenzeit, nach einem der bekanntesten Fundorte, auch als Hallstattzeit (ca. 800 - 450 v. Chr.) bezeichnet wird.
 
Neben ausgeprägten Kontakten zu den Völkern im Osten waren es nun vor allem die immer intensiveren Handelsbeziehungen zum Mittelmeerraum, die sowohl Lebensweise als auch Kunst und Handwerk der Bewohner Mitteleuropas prägten. Unser Wissen um die hallstattzeitliche Bevölkerung in der Steiermark resultiert in erster Linie aus Grabfunden. Berühmt sind die Funde aus den ‚Fürstengräbern’ von Strettweg und Kleinklein. Sie lassen auf eine deutlich differenzierte Sozialstruktur schließen, mit einer kleinen feudalen Führungs- und einer breiten bäuerlichen Bevölkerungsschicht. Bei den Grabformen – es sind nach wie vor Brandgräber – existieren sowohl Flach- als auch Hügelgräber.
Die der jüngeren Eisenzeit zuzurechnenden letzten fünf Jahrhunderte vor Christi Geburt werden, ebenfalls nach einem prominenten Fundort, Latènezeit (ca. 450 – 15 v.Chr.) genannt. Sie standen in Mittel- und Westeuropa ganz im Zeichen der Kelten, deren materielle Hinterlassenschaft äußerst vielfältig ist. Als Werkstoff dominiert nun das Eisen, wobei hier nur an das berühmte ‚norische Eisen’ erinnert sei, dessen außerordentliche Qualität auch den hohen handwerklichen Stand des keltischen Handwerks bezeugt. Mit der Expansion des Römischen Reiches waren im 1. Jahrhundert v. Chr. auch die letzten selbständigen Staatsgebiete der Kelten auf dem Kontinent untergegangen, sodass nur noch in wenigen Regionen an der Peripherie keltische Gemeinschaften und Traditionen überleben konnten. Die Südoststeiermark gehörte wahrscheinlich seit der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. zu dem in den schriftlichen Quellen erwähnten keltischen Königreich Norikum. Hier konnte man die römische Okkupation durch geschicktes Taktieren noch kurze Zeit hinauszögern. Sowohl politisch als auch wirtschaftlich stand man jedoch bereits seit längerem unter ständig wachsendem römischem Einfluss.
Die nun z. T. auch stark befestigten Ansiedlungen der Kelten der späten Latènezeit wurden von den römischen Zeitgenossen als ‚oppida’ bezeichnet. Diese bereits stadtähnlichen Siedlungen fungierten sowohl als Sitz des Adels, als auch als zentrale Markt-, Kult- und Versammlungsorte. Meist waren sie auch mit einem Handwerkerviertel ausgestattet. Ein solches mit einer ausgedehnten Wallanlage befestigtes Oppidum befand sich auf dem Königsberg bei Tieschen – vermutlich die älteste ‚Stadt’ der Südoststeiermark – weitere auf dem Burgfelsen der Riegersburg oder auch am Saazkogel bei Paldau (wobei letztere offenbar jedoch keine Befestigungsanlagen aufwiesen). Formell blieb das Königreich Norikum zunächst noch unabhängig, auch wenn das Römische Imperium seine Grenzen zwischen 12 und 8 v. Chr. bis an die Donau ausgedehnt hatte. Das lässt sich durch die fallweise Verwendung der Bezeichnung ‚Regnum Noricum’ belegen. Erst unter der Regierung des Kaisers Claudius (41 – 54 n. Chr.) wurde die Zivilprovinz Noricum mit der Hauptstadt Virunum (am Zollfeld bei Klagenfurt) eingerichtet und die Südoststeiermark für Jahrhunderte lang nun auch offiziell Teil des Imperium Romanum.
 
Die römische Epoche reicht von der Zeitenwende bis in die Spätantike (15 v. Chr. – 5. Jahrhundert n. Chr.). Wie rasch die ‚Romanisierung‘ der einheimisch-keltischen Bevölkerung in der Südoststeiermark voranschritt, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. In den ländlichen Gebieten erfolgte sie jedoch gewiss langsamer, als etwa in der ‚römerzeitlichen Hauptstadt‘ der heutigen Steiermark, dem in Wagna bei Leibnitz gelegenen Flavia Solva, das unter den flavischen Kaisern (wahrscheinlich 73/74 n. Chr. unter Kaiser Vespasian) zum municipium erhoben wurde. In den hauptsächlich agrarisch geprägten ländlichen Gebieten der Südoststeiermark blieben wohl einfache weilerartige Siedlungen oder auch Einzelgehöfte die vorherrschenden Siedlungsformen. Ebenfalls im ländlichen Ambiente beheimatet, jedoch einen gänzlich anderen Lebensstil und -standard vertretend, waren die luxuriös ausgestatteten Baukomplexe der sog. villae rusticae. Mit ausgedehntem Landbesitz und entsprechenden landwirtschaftlichen Nutzbauten ausgestattet, fungierten sie als repräsentative Wohnsitze einer wohlhabenden Schicht am Land, durchaus den Schlössern und Ansitzen der Neuzeit vergleichbar. Selbst bei kleineren Anlagen verzichtete man dabei nicht auf städtischen Luxus, wie Fußboden- und Wandheizung, Baderäume, Wandmalereien oder auch Mosaikfußböden. Im erweiterten Stadtterritorium von Flavia Solva befanden sich vereinzelt auch einige – meist als ‚vici‘ bezeichnete – ‚kleinstadtartige‘ Siedlungen, wie beispielsweise in Kalsdorf oder Gleisdorf. Solch ein vicus mit bereits ‚kleinstädtisch-zentralörtlichen‘ Zügen konnte auch für die Südoststeiermark nachgewiesen werden, und zwar am Südhang des Saazkogels bei Paldau nahe Feldbach.
 
Die für die Römerzeit in der Südoststeiermark gewiss auffälligsten Hinterlassenschaften sind die zahlreichen sog. norisch-pannonischen Hügelgräberfelder, die sich bis heute vor allem in den Wäldern erhalten haben. (Die Bezeichnung ‚norisch-pannonisch‘ kommt von der hauptsächlichen Verbreitung dieser Bestattungssitte im Grenzgebiet der beiden benachbarten Provinzen Noricum und Pannonien.) Möglicherweise kann diese offensichtlich ‚autochthone‘ Sitte der Bestattung in Hügelgräbern als eine Art ‚Rückbesinnung‘ auf alte (hallstattzeitliche) Traditionen gewertet werden. Gleichzeitig weisen gewisse Charakteristika, von einfachen steinernen Einbauten in den Grabhügeln, bis hin zu großen, mit eigenem Zugangskorridor ausgestatteten gemauerten Grabkammern, aber auch schon auf wachsenden römischen Einfluss hin. Dies gilt auch für die bisweilen bei monumentalen Hügelgräbern aufgestellten Grabstelen, die sich in der Südoststeiermark allerdings nur sehr selten (und wenn, dann auch meist nur als Inschrift-Stelen, also ohne bildliche Wiedergabe der Verstorbenen) erhalten haben.
Den religiösen Alltag bestimmten die staatlichen Kulte für die Götter Roms und den Kaiser. Daneben gab es aber auch noch die einheimischen Gottheiten, deren Kulte uns meist nur anhand ihrer keltischen Namen auf Inschriften bekannt sind. Sie treten oft in einer Angleichung an römische Götter auf, was sich in der Beistellung des keltisch-einheimischen zum lateinischen Namen zeigt. Diese auch ‚interpretatio Romana‘ genannte Anpassung ging wohl weniger von den zugewanderten Römern, als von den einheimischen romanisierten Kelten selbst aus. Ein Beispiel aus der Südoststeiermark ist der einheimische Wettergott Uxlemitanus. Er wird auf einem in Brunn bei Fehring geborgenen Altar mit dem römischen Haupt- und Reichsgott Iupiter Optimus Maximus (abgekürzt: I O M) gleichgesetzt, zu dessen Charakterisierung u. a. ja auch das Blitzeschleudern und Donnergrollen gehörte.
 
Reste frühchristlicher Architektur fehlen bislang in der Südoststeiermark, so wie sich hier überhaupt für die Epoche der Spätantike kaum mehr entsprechende Fundorte anführen lassen. Bereits zu Beginn des 4. Jahrhunderts n. Chr. war die Siedlungstätigkeit in der Südoststeiermark stark zurückgegangen und allem Anschein nach kam es hier (im Gegensatz zum obersteirischen Ennstal) auch zu keiner Errichtung stark befestigter spätantiker Höhensiedlungen mehr. Dass das Ende der Römerzeit auch in der Südoststeiermark kein friedliches war, sondern mit kriegerischen Ereignissen in Zusammenhang stand, ist – trotz meist fehlender archäologischer Nachweise – aufgrund der geschichtlichen Rahmenbedingungen wohl anzunehmen.
Die über dreihundertjährige, weitgehend kriegslose Zeit der ‚pax Romana‘, in deren Genuss die Südoststeiermark als relativ grenzferne Region gekommen war, ging unwiderruflich zu Ende. Dafür begannen nun, nach dem Untergang der römischen Herrschaft, die unsicheren Zeiten der sog. Völkerwanderungszeit. In der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts n. Chr. ziehen langobardische Stämme aus Pannonien über ‚Binnen-Noricum‘, also auch über ehemaliges Stadtterritorium Flavia Solvas, nach Oberitalien und in das folgende Machtvakuum dringen zu Beginn des 7. Jahrhunderts slawische Stämme ein, die ihrerseits wieder unter awarischer Oberhoheit stehen. All diese Herrschafts- und Machtverschiebungen sind archäologisch heute freilich kaum mehr nachweisbar.




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