Der älteste uns bekannte steirische Dorfhandwerker ist der Schneider Walther aus Krieglach. Er wird im Jahr 1232 als Schneider und Bauer bezeugt. Wenig später (1249) erfahren wir vom Schneider Chunlinus in Graz und 1252 vom Schneider Otto in Judenburg. Die erste steirische Schneidereinigung dürfte 1342 in Pettau gegründet worden sein. Im 16. Jahrhundert wurden in der Steiermark Schneider-Brunderschaften gegründet.
1617 waren in Graz 60 Mitglieder der Schneiderzunft tätig. Der bekannteste Schneider ist Peter Rosegger, der von 1860 bis 1865 mit seinem Meister Ignaz Orthofer in 67 Häusern der Waldheimat auf Stör war.
In Feldbach errichtete Schneidermeister Kurt Schuller das einzige österreichische Schneiderhandwerksmuseum.
Schutzpatrone der Schneider: Anna, Christoph, Johannes, Baptist, Katharina, Maria, Oswald, Vierzehn Nothelfer, Michael
Die Hausschneiderein, wie sie vor Jahren noch weit verbreitet waren, sind nur noch in den seltensten Fällen anzutreffen. Sehr oft war die Küche zugleich auch die Schneiderwerkstätte. Am Beispiel von Karl Schweinzer in Mühldorf (Bezirk Feldbach) soll die Arbeit in einer Schneiderwerkstätte von 1930 bis um 1955 dargestellt werden.
Drei Generationen lang bestand in Mühldorf in einem Bauernhaus die Werkstätte der Kleidermacher Schweinzer. Gegründet wurde die Schneiderei von Josef Schweinzer, der an Sohn Karl und dieser wieder an seinen Sohn Karl Schweinzer (geboren am 3. April 1915) übergab.
Karl Schweinzer der Dritte erlernte das Kleidermacherhandwerk am Anfang der 30-er Jahre bei seinem Vater, von dem er auch später die Werkstätte übernahm und bis 1955 als Schneidermeister, obwohl er nie eine Meisterprüfung ablegte, führte.
Maßgefertigt in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg wurden Steieranzüge aus dem grauem Loden, die Röcke mit Stehkragen und einer Rückenfalte und an den Hosen zwei breite grüne Lampasse.
Danach kam der Salonsteirer mit Rock ohne Rückenfalte in Mode. Viel zu tun war vor dem 2. Weltkrieg für die Feuerwehren. Die Uniformen waren blau und die Röcke hatten Stehkragen. Mit der Machtübernahme durch Hitler wurde der Uniformstoff braun. Dazu fertigte Schweinzer grüne Drillichanzüge. Begehrt waren die so genannten „Pritschesshosen“ mit den verbreiterten Hosenoberschenkelformen, ähnlich den Reithosen.
Nach dem 2. Weltkrieg fehlte es an Stoffen. Für den Winter nähte Schweinzer die „Umhänghodern“, einen 150 mal 140 Zentimeter großen rechteckigen Stofffleck mit langen Fransen zur Verschönerung daran. Dieser „Umhänghodern“ wurde einfach über den Rücken geschwungen und an der Brust mit den Händen zusammengehalten. Umgenäht und in Zivilkleidung verändert wurden nach 1945 auch Teile von verschiedenen Militäruniformen wie Blusen, Hosen und Mäntel.
Schnitte für Kleidungsstücke gab es kaum. Daher wurde für jedes Kleidungsstück bei den Kunden Maß (Körpermaß) genommen.
Der Schneider hatte die verschiedensten Arbeiten durchzuführen. Neben der Maßbekleidung wurden Schürzen und auch Hemden , deren Kragen man niederknöpfte, angefertigt.
Einen großen Teil der täglichen Arbeitszeit nahmen die Veränderungen (Vergrößern oder Verkleinern) der Kleidungsstücke und die Reparaturen ein. Für die Näharbeiten verwendete man Kettenzwirn und Ankerzwirn.
Die erste Nähmaschine – eine Langschiffmaschine – erwarb der Werkstättengründer Josef Schweinzer. Die später erworbene Ringschiffmaschine ist heute noch in Betrieb. Zur Werkstattausstattung von Karl Schweinzer gehören neben den unterschiedlichen Nadeln, der oben offene Fingerhut, das schwere gusseiserne und das neue elektrische Bügeleisen, verschiedene Scheren, das Lineal, das Maßband und die Kreide.
Alte Schneiderhandwerkstechniken kommen in der Werkstätte von Hedwig Fink in Feldbach bei den oststeirischen Vulkanland-Trachten zur Anwendung. Beim Dirndlkleid werden im Hüftbereich (Rockbund) Stehfalten mit Nadel und Zwirn mit der Hand gezogen. Auf acht Reihennahten wird der Stoff millimetergenau Reihe für Reihe und Falte an Falte aneinander geschoben.
Ist der Stoff bemustert, so ist bei der Faltung auf die Musterung genauestens zu achten, dass diese gleichmäßig zu sehen ist. Ist der Stoff einfärbig, so wird für die gleichmäßige Faltung ein karierter Stoff, Hansl genannt, der als eine Art Maßeinheit dient, untergelegt. In derselben Art wird der Schürzenbund, jedoch nur mit fünf Reihennahten gefaltet.
Charakteristisch für die Vulkanland-Frauentracht ist v-förmige Rückenausschnitt, der einen Vulkantrichter symbolisiert und eine Rückennaht in Bäumchen- oder Hexenstich. Dieser Zierstich wird mit einem grauen Garn ausgeführt und symbolisiert die fließende Lava. Somit werden bei der Anfertigung dieses Trachtenkleides mehrere alte, heute nur mehr äußerst selten zu sehende Schneiderhandwerkstechniken eingebunden.
Als Farben für diese neue Tracht wurden für das Leibl grün, für den Kittel ein Muster mit rot, orange, grün, maisgelb, grau, braun und blau gewählt, womit man die reichhaltige Vegetation darstellen will. Der Rockstoff kann auch handgewebt und händisch bemalt werden.
Die Schürze aus Baumwolle mit Streumuster kann blau, grau, braun oder schwarz sein. Am Brustbein ist das Vulkanland-Dirndlkleid mit Keramikknöpfen zugeknöpft. Diese Knöpfe werden aus Steinzeugton angefertigt.
Die Keramikerin Roswitha Dautermann in Raabau bei Feldbach färbt Steinzeugton mit schwarzen Farbkörpern ein und rollt damit kleine Tonmengen in der Handfläche zu Kügelchen, die wiederum flachgedrückt eine Knopfform erhalten. Jetzt werden mit einem dünnen Bohrer die Knopflöcher gebohrt und der Knopf luftgetrocknet. Der getrocknete Knopf wird mit Schleifpapier abgeschliffen und bei 1220 Grad Celsius steinzeuggebrannt. nach dem Brennen werden mehrere Knöpfe in die Hand gelegt, mit Wasser übergossen und in der Handfläche durch gegenseitiges Verreiben völlig geglättet. Nach Entwürfen von Mag. Roswitha Dautermann und Johanna Krachler wurde ein Vulkanland-Janker kreiert. Es gibt einen leichten Janker für die warme Jahreszeit und einen schweren Janker für die kalten Monate. Für den leichten Vulkanland-Janker wird ein grauer Schurwollstoff verwendet. Der obere Kragenteil ist aus demselben Stoff, während der Kragen im Brustbereich aus schwarzem Tuch besteht. Der gesamte Unlegekragen, und das ist das Besondere, wird nicht glatt gebügelt sondern gerollt getragen. Am unteren Rückenteildrittel verläuft quer eine schwarze Passepoil und in der Mitte darüber ist das schwarze Vulkanlandsymbol angebracht. Die Taschen sind schwarz gesäumt. Die Knöpfe sind bei allen Vulkanland-Trachten aus Keramik und speziell für diese Trachten von Roswitha Dautermann entworfen und angefertigt. Für die beiden Modelle des Vulkanland-Jankers werden nur Grau und Schwarz verwendet. Diese Farbgebung bezieht sich auf das grauschwarze basaltische Vulkangestein. Lediglich das Halstuch soll feurig rot sein, was wiederum auf das Vulkanfeuer verweist.
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